Dschingis Khan

Die Mongolen unter Dschingis Khan

von Simon Hollendung und Björn Böhling

4.3 Chinesische Gesandtenberichte

Neben der Rekonstruktion des Mongolenbildes aus mongolischen und abendländischen Quellen bietet es sich an, noch eine weitere Sicht der Dinge in Augenschein zu nehmen. Auch die Chinesen waren von den Mongolen durch direkte Bedrohung betroffen. Von ihnen sind Gesandtschaftsberichte überliefert, auf die im Folgenden kurz eingegangen wird. Beide Berichte bestehen aus Beschreibungen der mongolischen Kultur und Lebensweise, die übersichtlich nach Kapiteln gegliedert sind. Angaben werden z.B. unter den Überschriften „Gründung des Reiches“, „Das erste Auftreten des Tatan-Herrschers“, „Militärwesen“, „Pferdezucht“,[204] „Das Reich“, „Die Herrscher“, „Die Nahrung“, „Die Gefechte“, „Die Gräber“[205] und vielen anderen gegeben. Die chinesischen Gesandtschaftsberichte von Chao Hung und von P’eng Ta-ya und Sü T’ing stellen für die Forschung eine Quelle von unschätzbarem Wert dar. Die einzige Einschränkung, die für beide Quellen gilt, liegt in der Standortgebundenheit der Autoren. Die Verfasser waren alle Angehörige des Sung-Reiches, das sich im Süden an das Chin-Reich anschloss. Zweifel über die Perspektive sind angebracht, weil die Sung mit den Chin in einer langen Erbfeindschaft[206] verbunden waren und die Einfälle der Mongolen in das Chin-Reich deswegen möglicherweise weniger tragisch ansahen – zumal die Sung selber von den Mongolen nicht bedroht wurden.[207]

[204] Cao Hung, Meng-Ta pei-lu, S. 1, 3, 53, 57.

[205] P’eng Ta-ya, Hei-Ta shih-lüeh, S. 85, 87, 110, 44, 50.

[206] Die Anmerkung Ratchnevskys: „Die Jin [Chin] mussten [ab 1206] mit einem Zweifrontenkrieg rechnen, nämlich die Südfront vor einem möglichen Angriff der Song-Chinesen schützen“, deutet daraufhin, dass sich die Chin wenn schon nicht in einem akuten, dann zumindest in einem schwelenden Konflikt mit den Sung befanden (Ratchnevsky 1983, S. 97).

[207] Da es sich hier um chinesische Berichte handelt, müsste auch die Tatsache beachtet werden, dass es möglicherweise Traditionen und Konventionen der Darstellung fremder Völker gab, an die sich die Autoren bewusst oder unbewusst halten mussten.
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